Das Wandgemälde im Hochzeitszimmer

Im Zimmer der Großherzogin in Ebene 5 (im sog. „Hochzeitszimmer“) befindet sich über den vertäfelten Wänden ein großes, phantasievoll ausgestattetes Wandgemälde. Es stellt ein figurenreiches fürstliches Hochzeitsfest im Neo-Renaissancestil dar. Der Maler des Wandfrieses war Philipp Otto Schäfer (geb. 1868 in Darmstadt), ein Bewunderer Makarts. Er hatte mehrere großformatige, figurenreiche Dekorationen für die TH Darmstadt geschaffen und mehrere Auszeichnungen, z. B. auf der Weltausstellung von St. Louis 1900, erhalten. Das Programm der Malerei war das Hochzeitsfest des fürstlichen Paares. 

Der festliche Hochzeitszug zieht sich über drei der vier Wände und hat seinen Höhepunkt an der Stirnwand im Norden mit dem Brautpaar unter einem Baldachin. Hier überreicht der Großherzog seiner Braut, dem „Licher Lorchen“, den Ring. Beide sind idealisiert und tragen mittelalterliche Tracht. Umgeben wird das Paar von Putten, die tanzen und Flöte spielen, im Hintergrund die dunkle Silhouette des Odenwaldes. An den Wänden links und rechts der beiden Hauptpersonen entwickelt sich das sorgfältig überlegte Programm, dargestellt in sitzenden, stehenden und knienden Männern und Frauen, die damit beschäftigt sind, Girlanden aufzuhängen oder dem Fürstenpaar zu huldigen. 

Links in der Ecke schwingt Gott Jokus sein schellenbewehrtes Szepter. Er war ursprünglich – es gibt noch eine Fotokopie des Entwurfs Schäfers dieser einen Wand – gekennzeichnet durch die dreiteilige Schellenkappe der Narren. Kinder umringen ihn. Das Gebäude im Hintergrund ist wahrscheinlich die Burg Breuberg. 

Anschließend ist die Huldigung der drei hessischen Provinzen zu dieser Zeit dargestellt links die Wormatia, Personifizierung der Stadtgöttin von Worms mit Mauerkrone im Haar und Weinblättern, Putten tanzen vor ihr sie verkörpert Rheinhessen. Daneben die Starkenburg, als Zeichen der Stärke hält sie einen Speer in der Hand, das Haar schmückt ein Eichenkranz, sie steht für Südhessen. Dahinter, nur halb zu sehen, steht Friedberg für Oberhessen. Ursprünglich sollte diese Frauengestalt einen Früchtekorb in Händen halten (Darmstädter Tagblatt vom 17. Mai 1909), daraus wurde das Modell der Burg. 

Rechts daneben zwei Frauenfiguren, die zu Füßen der Provinzen lagern: eine ist wohl unzweifelhaft die Muse der Musik, sie hält eine Leier in Händen. Die rechte Frauengestalt ist heute als Justitia dargestellt, auf dem Entwurf allerdings war dies ein bärtiger Flußgott mit einem Krug unterm Arm. Es ist anzunehmen, dass die ursprüngliche Absicht, hier den Vater Rhein darzustellen, Hand in Hand ging mit der Idee, hier an dieser Wand auch die ganze Rheinebene als Hintergrund darzustellen, denn an klaren Tagen sieht man sie von hier aus. Rechts daneben stehen zwei Ritter und ein Knabe, wohl ein Symbol für den Adelsstand, denn gleich um die Ecke sieht man hinter der Braut das Schloss Lich, das Stammschloß Eleonores. Ebenso ist hinter dem Bräutigam das ebenfalls im Odenwald gelegene Schloss Lichtenberg dargestellt. 

Rechts um die Ecke von links nach rechts die Allegorien des Ritterstandes, der Jugend und des Alters. Daneben eine Frauengestalt, die die Fruchtbarkeit symbolisieren könnte. Schließlich sind rechts sechs Frauenfiguren dargestellt, die durch keinerlei Attribute erkennen lassen, wen oder was sie darstellen. Sie winden Girlanden, zwischen ihnen tummeln sich Putten. Genau gegenüber dieser sechs Frauen sind die drei hessischen Provinzen dargestellt.

Ein Hinweis aus der Beschreibung der Eröffnungsfeier nennt „die sechs (schönsten) hessischen Städte. Dies würde dem Programm entsprechen, und demnach handelt es sich um Gießen und Friedberg für Oberhessen, Frankfurt und Offenbach für Starkenburg und schließlich Mainz und Worms für Rheinhessen (Auskunft Prof. Franz, Staatsarchiv). Die Landschaft im Hintergrund soll wahrscheinlich die sanften Hügel der Bergstraße darstellen, die man auch von dieser Seite sehen kann. 

Es gibt noch zwei Wappen in diesem Raum, von denen nur eines zu identifizieren ist: in der Vorderecke der Westwand befindet sich das Darmstädter Wappen allerdings noch ohne Krone, denn die kam erst 1917 anlässlich des 25-jährigen Regierungsjubiläums des Großherzogs dazu. Das Wappen in der Nordecke der Ostwand muss noch gedeutet werden.